Wax-Print

Heute wollen wir Euch einen sehr spannenden Artikel über den Stoffdruck "Wax-Print" vorstellen.
Die Kostümbildnerin und Designerin von D'Urban Dirndl - Eveline Stoesser hat uns diesen interessanten Beitrag zur Verfügung gestellt.
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Was ist Wax-Print? 


Das Verfahren stammt aus dem indonesischen Java. Baumwolltücher werden mehrfach gewaschen, geschlagen und gebügelt, um sie geschmeidig zu machen. Danach werden sie tagelang in Beize oder in eine saure Lösung eingelegt, je nach Färbevorgang. Mit einem kleinen Kännchen, Tjanting genannt, wird heißes Wachs entlang vorgezeichneter Muster wie mit einem Füllfederhalter auf den Stoff getropft. Ist das Wachs trocken, wird die Rückseite gleichermaßen behandelt. Im Gegenlicht der Sonne sehen die Batikerinnen genau, wo sie die Muster auftragen müssen. Anschließend wird der Stoff in Indigo gelegt. Ausgewaschen, getrocknet und erneut mit Wachs beschichtet wird mit braunem Soga, gewonnen aus Rinde des gelben Flammenbaums, oder Alizarin aus der roten Wurzel der Krapp-Pflanze, nacheinander neue Farben und Muster auf den Stoff aufgetragen.
Sechs Monate dauerte so ein Vorgang um ein Tulis herzustellen. Schneller ging es mit Holzstempeldruck, Tjab genannt.
Das besondere bei diesem Verfahren ist, dass der Stoff auf beiden Seiten dasselbe, gleichstark leuchtende Muster aufweist und keine Rückseite besitzt. Der Stoff lässt sich also wenden.


Die Vereenigde Oostindische Compagnie wurde 1602 für den Import von Gewürzen aus Asien gegründet und war über 150 Jahre die größte Handelsgesellschaft der Welt.
Nachdem die bisher düster gekleideten Spanier im 17. Jahrhundert anfingen sich farbig kleideten, und der Rest Europas diesem Modetrend folgte, wuchs der Anteil bunt bedruckter Textilien aus Java, aber auch indischer Chintz und Kaliko, auf 50 Prozent ihres Asienhandels.
Die VOC rekrutierte ab 1831 von ihrem wichtigsten afrikanischem Versorgungsstützpunkt Elmina (portugiesisch: el miña = die Mine) an der Goldküste, dem heutigen Ghana, afrikanische Soldaten für ihre indonesischen Kolonien. Diese Soldaten, old Javanse genannt, brachten als Erste indonesische Batik nach Westafrika. Stoffe waren neben Schnaps der traditionelle Brautpreis. Und die bunten Drucke trafen den Geschmack der Frauen.

Der Reservedruck mit Wachs war eine langwierige Handarbeit. Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte ein Belgier namens Prévinaire eine ältere französische Textildruckmaschine weiter, sodass das flüssige Wachs das Gewebe vollständig durchdrang und die Muster auf Vorder- und Rückseite gleichermaßen zum Vorschein kamen. Mit der `Javanaise´ konnten täglich bis zu 200 Stoffbahnen a 24 Yard bedruckt werden.
Bei der maschinellen Produktion entstand der sogenannte ‘crackling effect’. Unregelmäßigkeiten, wenn das Wachs an manchen Stellen brach und deshalb den Stoff nicht gänzlich vor dem Eindringen der Farbe schützte. In Java galten diese als Zeichen schlechter Qualität, in Europa und Afrika hingegen wurden die Bruchspuren als spezieller Charme angesehen.
Um neue Märkte zu erobern, schickte die holländische Tuchfirma Van Vlissingen (später: Vlisco) gutaussehende, unverheiratete Männer nach Westafrika, die in engen Kontakt mit den einheimischen Frauen traten, um Marktforschung zu betreiben.
Gleichzeitig verbreiteten christliche Missionare in ganz Afrika das Evangelium des Angezogenseins. In Südafrika übernahmen die Xhosa den Blaudruk, Shweshwe genannt, Westafrikaner gaben sich damit nicht zufrieden und zogen nur beste Ware an: Wax prints.

Im frühen 19. Jahrhundert begann im holländischen Helmond eine kleine Firma mit bunten Stempeldrucken indonesische Batiken zu imitieren. Zunächst konzentrierte sich Vlisco auf den niederländischen und den niederländisch-indonesischen Markt. Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich das Unternehmen auch auf dem westafrikanischen Markt etabliert, der nach dem Zweiten Weltkrieg zu seinem wichtigsten Absatzmarkt wurde. Sie sandten z. B. in den 1960er Jahren zwei Soziologen nach Westafrika, um beliebte Symbole und Muster zu sammeln, die dann die holländischen Designer in was print umsetzten.  Konkurrenzfirmen aus der Schweiz und England fehlte das Gespür, welche Farben und welche Muster, ab den 1920ern z. B. Herrscherportraits, und welche Farben bei den Kundinnen ankamen.
Mit der Unabhängigkeit afrikanischer Länder in den 1960er Jahren wechselten viele Händler in die Verwaltung; Frauen nahmen ihren Platz auf den Grand marchés von Lomé und Accra ein.
Diese Marktfrauen flogen nach Helmond und brachten die Stoffe im Ameisenhandel nach Westafrika und dem Kongo und wurden damit so reich, dass sie sich einen Mercedes Benz mit Chauffeur leisten konnten. Dank dieser Nana Benzis wurden Dutch Wax Prints zum Statussymbol und Inbegriff afrikanischer Kultur. In den Händen der Nana Benzis lag in den 70er, 80er Jahren des letzten Jahrhunderts 40 Prozent der Wirtschaftsleistung Togos. Eine von ihnen, Abra Amedome, wurde Ministerin für Soziales und Frauenwirtschaft.

Marktführer Vlisco hat im niederländischen Helmond, in Benim, Togo, Cote d´Ivoire, Nigeria und im Kongo Flagship-Stores für seine eigene Modelinie errichtet. Die Holländer produzieren vornehmlich für den Couture-Markt Westafrikas (Presseanfragen europäischer Journalisten werden abgelehnt), 6 Yards ihres besten Stoffes Super Wax kosten den Einkäufer 79.11 €. Der Preis für Baumwolle hat sich in den letzten zwei Jahren vervierfacht.
Billiger sind die wax blocks, Ahenfie, Sika und Fancyprints der afrikanischen Vlisco-Töchter Woodin und GTP.
Seit langem werden die Wax-Print-Muster nicht mehr mit Wachs, sondern mit einer geheim gehaltenen Kunstharzmischung zwischen zwei Kupferzylinder mit eingravierten spiegelidentischen Mustern aufgetragen bevor sie in Farbe getaucht werden. Das heißt african wax prints sind weder afrikanisch (sondern holländisch), noch wax (sondern Kunstharz) und eigentlich auch keine prints (Stempeldruck liefen in den 1990er aus, seitdem ist maschinelles Färben).
Asiatische und afrikanische Firmen kopieren neue Vlisco-Designs innerhalb von fünf Tagen. Leider sind deren Drucke oft fehlerhaft.
Für den Frühling 2012 bringt Burberry eine Kollektion mit wax prints heraus, der Kameruner Serge Mouange schneidert in Tokio daraus Kimonos, auf Modeschauen in Afrika, Großbritannien und den USA tauchen bei vielen jungen Designern die afrikanischen Muster auf.




In der Filmbranche ist Eveline Stoesser als Kostümbildnerin sehr bekannt (Ottos Eleven, Emil und die Detektive, Musterknaben u.a.) - weniger bekannt ist ihre Tätigkeit als Designerin für das 2011 gegründete Modelabel 'D'Urban Dirndl'.
Als ich vor ca. einem halben Jahr auf die Kollektion aufmerksam wurde, war ich sofort begeistert. Evelines an 'Dirndl' erinnernde Kleider aus ungewöhnlichen, farbenfrohen Stoffen sind sehr aussergewöhnlich! Es trifft Haute Couture auf Tradition - ohne auch nur im Entferntesten altbacken zu wirken!
Mittlerweile gibt es auch eine Kinderkollektion - Eveline verwendet für die wunderschönen Kleider ausschliesslich hochwertige 'Vlisco' Wax-Print Stoffe.

Hier könnt Ihr Euch die neueste Kollektion anschauen - Es lohnt sich: